Chronik

Wozu ein Verein, ich will ja eigentlich nur Singen!

Ihre Frage ist berechtigt, denn wenn Sie Freude am Singen haben, geht doch das auch ohne Verein und Vereinsmeierei – oder? Sicher! Und wir Sangesfreudigen singen gerne auch außerhalb unseres Vereins: beim Wandern, in einer fröhlichen Runde, in der Familie, alleine und bei vielen anderen Gelegenheiten – und sei es zuhause in der Badewanne! Wenn es aber ein mehrstimmiges, chorisches Singen sein soll, ist ein Minimum an Organisation notwendig: Noten, Termine, Finanzen, Briefe, Konzerte, und, und, und …

Aber die Hauptsache ist und bleibt das Singen!

Dissidenten gründen Gesangsverein

Mit diesem Ziel gemeinsam zu singen gründeten am 3.April 1861 (es gab damals überhaupt nur vier Vereine in Gmunden, heute sind es schon über 120) 22 Männer den Gmundner Männergesangsverein (MGV). Eigentlich war damals die Vereinsgründung noch verboten, sodass man diese Männer heute als „Dissidenten“ bezeichnen würde. Der „Privatier“ Josef Lamprecht wurde Vorstand. Ihm folgten in der weiteren Zeit Lehrer, Buchhändler, Schuldirektoren, Hoteliers, Drogisten, Kaufleute, Ausbildungsleiter, …

 01 Dissidenten

Erstes Bild aller Mitglieder des MGV im Jahr 1861

 

Komponisten Habert und Pepöck im Gmundner Männergesangsverein

Das musikalische Rückgrat des Vereins bilden die Chormeister. Dem Gründungschormeister Johann Krepper folgten Idealisten, die Kapellmeister, Lehrer, Kassiere, Organisten, Advokaten und anderes als Beruf hatten.

02 Habert

1864 war es z.B. der bekannte Gmundner Kirchenkomponist Johann Evangelist Habert.

Der junge Verein kämpfte um sein Bestehen und schloss sich schon 1862 dem Oberösterreichisch-Salzburgischen Sängerbund (OÖSSB) an.

Die ersten Veranstaltungen – Silvesterfeiern, Gründungsfeste und Sängerfahrten – fanden statt. Die freundschaftliche Verbindung zum Herzog von Cumberland wurde durch gesangliche Darbietungen vertieft. Das 4. Bundessängerfest des OÖSSB fand 1879 in Gmunden statt. Wohltätigkeitskonzerte z.B. für die Hinterbliebenen des Wiener Ringtheaterbrandes und der „Suppenanstalt“ fanden statt.1886 trat auch schon ein Damenchor auf. Auch beim 1.Blumenkorso 1887 war der MGV dabei, der damals „Mondscheinfahrten“ veranstaltete. 1892 wirkte er bei der Eröffnung der Gmundner Wasserleitung mit. Die enge Verbundenheit des MGV mit seiner Stadt wird vom Gmundner Gemeinderat 1906 gewürdigt, indem er dem Verein die Führung des Gmundner Stadtwappens gestattet, das nach wie vor unser Vereinsabzeichen ist.

03 Wappen

Die Geschichte des MGV ist ein Spiegel Gmundens und Österreichs. So überraschte z.B. die Ermordung des Thronfolgers 1914 den MGV am Bundessängerfest des OÖSSB. 23 Sänger mussten zum 1.Weltkrieg einrücken, sodaß nicht mehr gesungen werden konnte. Vorstand Hans Reingruber initiierte den Verein 1919 wieder, dem damals der bekannte Stadtchronist Dr. Krakowizer angehörte. Gesungen wurde im „Hotel Post“ , aber vorher und nachher fanden oftmals Lokalwechsel statt, sodaß bis heute fast alle Gmundner Lokale dem MGV als Probenräume dienten und das umfangreiche Archiv beherbergten.

Am 6.Juni 1926 wurde die Schubert-Büste am Franz-Josefs-Platz gestiftet und enthüllt. Hier wirkten auch die inzwischen gegründeten Gesangsvereine „MGV Edelweiß“ und „Sängerbund Edelweiß“ mit.

04 Pepöck

1931 wurde der bekannte Operettenkomponist August Pepöck Ehrenmitglied.

Er komponierte unter anderem das „Gmundner Motto“ , die Hymne des MGV, die auch heute noch zu festlichen Anlässen gesungen wird.

05 Motto Noten

1933 fand das 14. Bundessängerfest des OÖSSB in Gmunden statt, an dem Bundespräsident Miklas teilnahm und über das noch heute ein 8 mm Film im MGV-Archiv aufbewahrt wird. Damals gab es sogar einen Gesangsverein im Ortsteil Weyer. 1936 schlossen sich der MGV Edelweiß und der MGV 1861 zum „Gmundner Männergesangsverein 1861“ zusammen.

Die Wirren des 2.Weltkrieges machten auch vor dem MGV nicht halt: Verwundetenkonzerte 1939 im Reserve-Lazarett Cumberland, gemeinsames erschwertes Proben mit dem „Volksgesangsverein Edelweiß“ (früher Sängerbund Edelweiß), Luftalarm, Probenlokal für Kriegszwecke verwendet, usw.

Trotz schwieriger Zeiten: Singen

Am 28.November 1945 startete man im besetzten Österreich durch die Vereinigung der Vereinsreste des MGV 1861 und des Volksgesangsvereins Edelweiß wieder die entscheidende Initiative, um in Gmunden das Chorsingen unter Obmann Max Gaigg zu beginnen. Die entscheidende Sitzung fand übrigens im Gasthaus „Zum Goldenen Löwen“ statt, das vor der Handelsakademie und dem „Goldenen Brunnen“ auch unser Probenlokal war. Kurz darauf, am 16.Dezember 1945, gab der Chor unter dem langjährigen Kurdirektor Franz Hüttenmayr das erste Konzert bei der Christbaumfeier am Gmundner Graben.

Zu dieser Zeit wurde auch das bekannte Sternsingen begonnen, wozu innerhalb des MGV das „Doppelquartett Edelweiß“ gegründet wurde.

Männerchor wird Gemischter Chor

War der MGV bisher nur ein reiner Männerchor – wenn es auch in den Dreißigerjahren Ansätze zu einem Gemischten Chor gab – so wurde 1956 der Wunsch nach einem Gemischten Chor verwirklicht. Daher gelten alle in dieser Schrift genannten geschlechtspezifischen Bezeichnungen für beide Geschlechter. Unter Obfrau Konsulent Friedl Schinagl gedieh der Damenchor – der auch alleine sang – prächtig, sodaß sogar an eine Aufnahmesperre gedacht werden musste. Der innere Druck wurde größer, sodass 1958 aus dem MGV der Gmundner Kammerchor unter Leitung von Chormeister Van den Hoove hervorgehen konnte. 1961 wurde unter Vorstand Karl Auer, Obfrau Friedl Schinagl und Chorleiter Prof. Dr. Sepp Moser eine gelungene 100-Jahr Feier abgehalten. Die Veranstaltungen nahmen weiter zu: See-Blumenkorso, Nikolo-Kränzchen, Ausflüge, Maskenbälle, Sternsingen, Besuche und Gegenbesuche von Chören, die Adventsingen kamen auf. 1973 folgte dem verdienstvollen Vorstand Hans Gabis als Vorstand Dir. Ing. Arnold Brunner, der zehn Jahre den Verein aktiv und erfolgreich leitete. 1984 folgte ihm für die nächsten 23 Jahre Obmann Peter Hammerschmid. 2007 wurde Harald Aigner neuer Obmann. 2008 übernahm interimsmäßig Konrad Laherstorfer den Vorsitz, bis Dipl. Ing. Konrad Neu als Obmann kooptiert wurde. Unter seiner Leitung wurden die Vereinsstatuten weitgehend reformiert und ein neuer Vorstand gewählt. Neuer Obmann wurde nun Erhard Hausherr, der jedoch bereits nach einem halben Jahr, aus gesundheitlichen Gründen, zurücktrat und der an die 1. Obfrau des Gmundner Gesangsverein 1861, Margit Scherzer, das Amt übergab.

Dem langjährigen Chorleiter Prof. Sepp Moser folgte 1978 Prof. Hermann Riedler, Musikprofessor am Gmundner Gymnasium. Unter anderem studierte er 1983 die „Carmina Burana“ ein und errang damit einen über Gmunden hinausreichenden Erfolg mit dem MGV. Seit Jänner 1989 war Mag. Martin Schwarz, Musikprofessor an der Höheren Internatsschule Schloß Traunsee in Altmünster, Chorleiter. Auch er erarbeitete mit dem Chor ein breitgefächertes Liedgut und nahm mit dem Chor an zwei Wertungssingen teil. Ein Renaissance-Konzert, ein Romantikkonzert im Mai 1993, Haydn´s Schöpfung 1994, der Auftritt beim Ball der Oberösterreicher in Wien im Jänner 1996 sowie die Brahms-Matinée im November 1997 waren die konzertanten Höhepunkte.

Chor ändert Namen

Seit 1956 ist der Gmundner Männergesangsverein durch Aufnahme von Sängerinnnen ein Gemischter Chor. Der Vereinsname war daher nicht mehr zutreffend, sodass sich im März 1990 der Verein in „Gmundner Gesangsverein 1861“, kurz GGV bezeichnet, umbenannte.

Ab September 1998 hatte die frühere Chorleiter-Stellvertreterin Ulrike Rastl, Hauptschullehrerin und Gesangssolistin das verantwortliche Amt der Chorleiterin inne. Ihr „Kleeblattkonzert“ gelang so gut, dass der Chorverband Oberösterreich den GGV zum Adventsingen der AGACH (Arbeitsgemeinschaft alpenländischer Chöre) am 14. Dezember 2002 nach Udine entsandte. Zusammen mit sechs Chören aus anderen Ländern gelang ein eindrucksvolles Konzert im Dom zu Udine. Eine weitere Auszeichnung: Gmundens Bürgermeister Heinz Köppl sowie die Stadträte Zemann, Grampelhuber, Frauscher und Mayr reisten extra zum Konzert nach Udine! Das Schlagerkonzert 2004 im ausverkauftem Gmundner Stadttheater und Bruckners Tedeum im Kongresszentrum Toscana sowie die dreimalige Aufführung der Michael Haydn Messe 2005 runden die Erfolge ab. Ulrike Rastl legte im Jänner 2006 den Taktstock zurück.

2006 übernahm Orgelbaumeister Andreas Kaltenbrunner den Taktstock. Er ist beruflich als Orgelbauer, Klaviermacher und Kirchenmusiker sehr engagiert. Als Organist wirkte er von 1973-2003 in Grünau im Almtal, und gleichzeitig als Organist von 1977-2005 in Scharnstein. 25 Jahre nd 6 Monate war er Leiter des „Berthold Chores Scharnstein“ – von der Gründung 1981 bis 2006 und ist seit 2009 auch Leiter der Sängerrunde Lindach. Seine musikalische Ausbildung begann bereits im Alter von 5 Jahren mit dem Akkordeon. Weitere Ausbildungen fand er in Klavier, Orgel und Chorleitung in Lambach, Linz und Wien.

Durch seine konsequente Führung und seine großen Anforderungen machte er den Chor zu dem, wie man ihn heute kennt. Das Erscheinungsbild des Chores wurde vereinheitlicht: eine neue elegant-trachtige Chorkleidung wurde angeschafft. Mit einem neuen Logo, neuer Chorfarbe und neuem Auftreten wurde ein GGV-corporate-identity geschaffen. Damit war der GGV nun ausgestattet für die kommenden musikalischen Highlights.

2006 reiste der Chor gemeinsam mit 4 weiteren Chören nach Rom und führte die „Große Credo Messe“ von W.A.Mozart sowohl in Sankt Paul vor den Mauern (nach dem Petersdom die zweitgrößte Kirche Roms), als auch im berühmten Pantheon auf. Die Messe war auch bei der Gmundner Festwocheneröffnung ein großer Erfolg.

2007 war wiederum das Stadttheater Gmunden ausverkauft. Das weltberühmte Musical „Sound of Music“ war Hauptthema des Konzertes. In der Heimatstadt wurde „Gmunden komponiert…“ veranstaltet. Die Festmesse war den heimischen Komponisten Habert und Pepöck gewidmet und mit einem gemütlichen Rahmenprogramm auf der Esplanade klang der Festtag freudig aus. Das seit 2007 regelmäßig durch den GGV gestaltete Weihnachtshochamt in der Stadtpfarrkirche Gmunden, zieht jährlich Besucher von nah und fern an.

2008 vertrat der Chor die Stadt Gmunden beim Konzert für Europa in der Italienischen Partnerstadt Faenza. Krönender Abschluss war dabei die Europahymne. Im Stift Engelszell begeisterte der GGV samt seinem Orchestr´ad hoc mit der Krönungsmesse von W.A.Mozart.

2009 wurde Margit Scherzer erste Obfrau des Gmundner Gesangsvereines. Die erste „Gmundner Klangwelle“ als Mega-Event im Park des Schloß Cumberland wurde aufgeführt. Bei diesem Benefizkonzert konnten fast 6.000 Euro an die Bewohner der Landespflegeanstalt Cumberland überreicht werden. Ein Höhepunkt in diesem Jahr war eine Aufführung in den Dachstein Eishöhlen. Im Parsifaldom wurden Ausschnitte aus Musicals, Opern und Operetten aufgeführt. Ein eisiges aber unvergessliches Erlebnis.

2010 widmete der GGV am 08.Mai sein Muttertags-Konzert im Stadttheater Gmunden allen Müttern.

Mit szenischen Darstellungen, perfektem Bühnenbild, ausgesprochener Disziplin und reich an Ideen zieht der GGV die Besucher heute in seinen Bann. Das Repertoire des GGV reicht vom Volkslied, über Kirchenmusik, bis hin zu Werken aus Musicals, Opern und Operetten.

Im Sommer 2010 legte Andreas Kaltenbrunner das Amt des Chorleiters zurück. Danach übernahm dankenswerter Weise Monika Hufnagl die interimistische Chorleitung.

Ab Jänner 2011 konnte Mag. Konrad Fleischanderl als Chorleiter gewonnen werden. Das Jahr 2011 war ein Jubiläumsjahr für den Verein. Es durfte das 150-jährige Bestehen des Chores gefeiert werden. Dies wurde im Rahmen der Festmesse am 15. Mai mit der Aufführung der Intradenmesse von Fridolin Limbacher und der Fahnenweihe begangen. Am 28.10. fand die Ausstellungseröffnung mit Festakt im Rathaussaal und am 10.12. das Jubiläumsweihnachtskonzert gemeinsam mit dem Brucknerchor Linz und dem Orchester „Österreichisches Bach-Collegium“ statt, zudem viele Ehrengäste begrüßt werden durften.

GGV heute…

Zum Halbjahr 2012 teilte uns unser Chorleiter Mag. Konrad Fleischanderl mit, dass seine vielfältigen Aufgaben in Linz und neue Aufgaben beim Amt der OÖ-Landesregierung eine weitere GGV-Chorleitung in Gmunden unmöglich machen. Diesen Umstand verspürten wir schon die ganze Zeit, wir waren traurig aber auch stolz auf diese kurze, heftige und einprägsame Zeit mit Konrad Fleischanderl. Glücklicherweise trafen wir bei unserer erneuten Chorleitersuche auf die bestens bekannte Uli Rastl und probten mit ihr ab 11.9.2012 als neue Chorleiterin.

Die herausragenden Aufführungen waren seither der Auftritt in Verona und die „ausgezeichneten Erfolge“ beim Chorwettbewerb in Verona und 2015 in Bad Ischl.

Von den meisten Veranstaltungen des GGV gibt es Livemitschnitte auf CD und DVD (siehe Shop).

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